Das ist die Stadtforschung am KIT.
Das KIT trägt zur Erforschung, Entwicklung und Planung der Stadt der Zukunft in allen wesentlichen Aspekten bei. Mit einer einzigartigen Kombination von natur- und ingenieurwissenschaftlicher mit sozial- und geisteswissenschaftlicher sowie planender und gestaltender Expertise werden mit einem ganzheitlichen Ansatz alle Funktions- und Lebensbereiche einer Stadt untersucht.
Das KIT stellt damit Orientierungs- und Handlungswissen für gesellschaftliche Akteure und Entscheidungsträger auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene zur Verfügung.
Die Folgen des Klimawandels sind in vielen städtischen Gebieten und Gemeinden bereits sichtbar. Extremereignisse mit entsprechenden Schadensbilanzen häufen sich, Hitzewellen und lange Trockenperioden verstärken den urbanen Wärmeinseleffekt und wirken belastend auf die Stadtbewohnenden, Starkregen führen zu lokalen Überschwemmungen, die Risiken erhöhen sich (Risikoforschung). Welche Effekte durch den Klimawandel bereits eingetreten und welche weiteren Klimaänderungen in den nächsten Jahrzehnten zu erwarten sind, ist Teil der KIT-Klimaforschung und Meteorologie. Diese Informationen sind grundlegend, um Strategien, Konzepte und Maßnahmen zu erarbeiten, die Städte und Gemeinden auf die künftigen Klimabedingungen vorzubereiten und anzupassen (Klimaanpassung). Gleichzeitig sind Städte als besondere Treiber des Klimawandels zu begreifen, durch ihren hohen Anteil an der Weltbevölkerung und entsprechend hohem CO2-Fußabdruck. Gerade in Städten wäre daher der Erfolg der Mobilitäts- und Energiewende sowie ein klimafreundlicheres Konsumverhalten ein sehr wichtiger Schritt, um das Klima global zu stabilisieren (Klimaschutz). Dieses Themenfeld ist eng mit den Themenfeldern Energie, Mobilität, Wasser und Stadtökosystem verknüpft.
Ressourcenschonendes und nachhaltiges Bauen ist entscheidend für den Klima- und Umweltschutz sowie den nachhaltigen Ressourcenverbrauch, da der Bausektor der material- und abfallintensivste Sektor ist.Trotz stabiler Energienachfrage erreichten die energiebedingten CO2-Emissionen aus dem Gebäudebetrieb und -bau im Jahr 2019 den höchsten jemals gemessenen Wert. Zusammen mit der Herstellung, dem Transport und der Verwendung von Baumaterialien sind sie für 38 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Ausgehend von dem Sonderforschungsbereich 315 "Altbausanierung" (1985-2002) und vielen weiteren singulären Drittmittelprojekten hat sich das Thema vielfältig entwickelt und bildet heute einen ausgewiesenen Schwerpunkt. Die einzelnen Forschungsbereiche sollen in dieser Initiative zusammengeführt werden, um neue Beiträge zur nachhaltigen Stadt zu leisten.
Insbesondere die Neuausrichtung der Themenfelder Building Lifecycle Management, Sustainable Construction, Building Design Re-Use und Digital Design and Fabrication, die eine Vielzahl von Verknüpfungen zu anderen Disziplinen in Forschung und Lehre ermöglicht hat, ist eine große Herausforderung.
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Die Stadt kann als ein durch den Menschen erschaffenes Ökosystem begriffen werden, das durch ein Mosaik an Gebäuden, Straßen, versiegelten Flächen, ober- und unterirdischen Infrastrukturnetzwerken und vereinzelt unversiegelten Grünflächen und Waldfragmenten geprägt ist. Entsprechend verändert ist der urbane Wasserhaushalt, Durchlüftung und Luftqualität, der städtische Strahlungshaushalt mit Tendenz zur Überwärmung sowie die gesamte Stadtökologie. Änderungen in der Flächennutzung z.B. durch Nachverdichtungen, Verschmutzungen und Naturkatastrophen verändern bzw. gefährden dieses Ökosystem. Weitere Herausforderungen bestehen in einem nachhaltigen Wassermanagement und der Abfallentsorgung.Demografische Veränderungen, soziokulturelle Umwälzungen und der Klimawandel stellen weitere Anforderungen an Forschung und Planung.
Die Forschung am KIT befasst sich einerseits mit naturwissenschaftlichen Aspekten wie der Stadtklimatologie und Luftqualität, dem urbanen Grundwasserkörper, der Aerodynamik und Durchlüftung, der Stadtökologie und Botanik. Zur Verbesserung des Stadtklimas und der Ökosystemleistungen wird den so genannten blauen und grünen städtischen Infrastrukturen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Eine besondere Stärke des KIT besteht in seiner breit angelegten Wasserforschung, die von klassischen Ingenieursfächern wie der Siedlungswasserwirtschaft, urbanem Wassermanagement und dem Wasserbau bis zu Fragen der Wasserqualität- und aufbereitung und der Veränderung und geotechnischen Nutzung des urbanen Grundwasserkörpers reichen. Aspekte der Planung und Governance, der Ökonomie und der Gesellschaft werden in einem weiteren Forschungsbereich behandelt.
Energieversorgung, -verteilung, -speicherung und -verbrauch in Städten sind Schlüsselkomponenten des Übergangs zur Nachhaltigkeit. Emissionsfreie und zu 100 % erneuerbare Energiesysteme sind einerseits eine Frage innovativer und geeigneter Energietechnologien und andererseits eine Frage der gesellschaftlichen Innovation, des Verbrauchs, des Verhaltens, des Bewusstseins und der Governance. Die Digitalisierung, d.h. die Anwendung und Umsetzung neuer Informationstechnologien, kann dazu beitragen, all diese Prozesse effizienter zu gestalten und die Städte "intelligenter" zu machen. Als Strategie kann die Digitalisierung nicht nur nachhaltige Energiesysteme unterstützen, sondern auch den Übergang zur Nachhaltigkeit von Städten als Ganzes. Sowohl Energie als auch Informationstechnologie sind Kernthemen und -kompetenzen der KIT-Forschung. Diese reichen von der technologischen Energieforschung über die Smart-City-Forschung bis hin zu ökonomischen und psychologischen Aspekten der Energieversorgung und des Energieverbrauchs sowie der Umsetzung in stadtplanerischen und partizipativen Prozessen.
Eine nachhaltige Entwicklung von Städten erfordert eine starke politische und administrative Unterstützung auf städtischer und staatlicher Ebene, ein professionelles Projektmanagement und Offenheit/Flexibilität für neue Formen der gemeinsamen Verwaltung auf der Grundlage eines soliden Rechtsrahmens, multiskalarer institutioneller Beziehungen und innovativer Strategien, einschließlich neuer Formen der Zusammenarbeit, Kommunikation und Interaktion mit der Gesellschaft. Ohne eine solche "gemeinsame Perspektive" und die Integration der eigenen (Verwaltungs-)Interessen kann die langfristige Stadtentwicklung nicht erfolgreich umgesetzt werden. Wichtige Forschungsthemen umfassen daher die Anpassungen der urbanen Steuerungs- und Planungsmechanismen der Städte, der Verwaltungsorganisation in ihren strukturellen und prozessualen Leistungen sowie der Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Im Zusammenspiel der am KIT vorhandenen Disziplinen Architektur, Stadt- und Raumplanung, (Human-)Geographie, Soziologie, Medienwissenschaft, (politische) Ökonomie, Finanzwissenschaft werden empirische, länderübergreifende Vergleichsstudien zu verschiedenen Governance-Modellen erarbeitet sowie neue Governance-Formate und Planungsstrategien, einschließlich formeller und informeller Planungsinstrumente und -regeln auf lokaler und regionaler Ebene mit Bürgerbeteiligung, entwickelt und erprobt.